Das bessere Europa – ein sozialdemokratisches Europa

Ja zu Europa!

Am 25. Mai 2014 wählen die Bürgerinnen und Bürger der 28 EU-Staaten ein neues europäisches Parlament. Gleichzeitig – und das erstmalig in der Geschichte der Europäischen Union – entscheiden die EU-Bürger damit auch, wer Präsident der europäischen Kommission wird. Erstmalig besteht somit die Chance, dass ein deutscher Sozialdemokrat dieses Amt erlangt, sofern genügend europäische Sozialdemokraten von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Martin Schulz wäre der Beste. Er ist der mutige Kandidat aus dem Parlament, der nichts mit der Hinterzimmer-Kungelei der Vergangenheit zutun hat.

Portraits des Parteivorstands der SPD am 04.12.2011 in Berlin

Martin Schulz – Auf ihn sollten nicht nur Sozialdemokraten vertrauen. Nach einer Umfrage des “Stern” führt er mit 41 Prozent klar vor seinem konservativen Konkurrenten Jean Claude Junker, der mit 24 Prozent deutlich in der Gunst der Wähler dahinter liegt. Selbst im Lager der CDU/CSU liegt Schulz mit 36 Prozent vor Juncker mit 34 Prozent.

Konservative Amtsinhaber hatten wir lange genug; das Ergebnis sehen wir heute: Nie waren die Bürgerinnen und Bürger Europas unzufriedener, als sie es derzeit sind.
Nichts wird sich ändern; der Unmut wird noch größer werden, wenn die konservative Mehrheit im europäischen Parlament und ein konservativer Kommissionspräsident weiterhin den Ton angeben. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger können das ändern.

Die Medien tun das ihre um Europa in Misskredit zu bringen. In dem sie den EU-Bürgern die unwichtigsten und teils absurden Nebensächlichkeiten regelmäßig aufgewärmt servieren, gelingt ihnen das auch fast durchgehend. Glühbirnenverbot, offene Ölkännchen auf Restauranttischen, Gurkenkrümmung, Bananenlänge und ähnliche abstruse Regelungsversuche sind gemeint. Darüber regen sich viele Bürger auf und erklären Europa als reines und unnötiges  Verwaltungsmonster.

Die wahnwitzigen Privatisierungspläne für die kommunale Wasserversorgung waren wohl eine der großen bösen Absichten gegen die Bürger. Machtvolle Bürgerinitiativen verhinderten das vorerst, so dass Binnenmarktkommissar Michel Barnier sein Vorhaben zunächst begraben musste.

Das alles sind aber keine Gründe, Europa abzulehnen. Wir sollten uns glücklich schätzen und uns dauernd vor Augen halten, dass es auf dem holprigen Weg Europas zur Friedenshochburg zu der bisher längsten Phase ohne Krieg gekommen ist; abgesehen vom Balkankrieg, der sich außerhalb der EU-Staatengemeinschaft ereignete. Europa verdient derzeit trotz aller Kritik die Note “gut”.

Zu einem “sehr gut” könnten ihm die europäischen Bürgerinnen und Bürger verhelfen, wenn im Europaparlament sozialdemokratische Mehrheiten wirkungsvoll in die Entscheidungen eingreifen könnten. Die Bürgerinnen und Bürger in den 28 EU-Ländern sollten Europa in diese Richtung verändern und stärken.

Was uns derzeit umtreibt,

ist die ungehemmte Absicht der konservativen Führung Europas, das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen Europa und den USA, das derzeit verhandelt wird, zu Gunsten der Finanz- und Wirtschaftsmächte zur Wirkung zu bringen. Die Bürgerinnen und Bürger sind für sie lästiger Balast, der zu akzeptieren hat, was die Mächtigen für sich als gut ansehen.

Die deutsche Bundeskanzlerin hat kürzlich aktuell bei ihrem  Besuch des amerikanischen Präsidenten Obama kritiklos von der großen Chance gesprochen, die das TTIP für alle Beteiligten bringen könne; die Tücken wurden von ihr wie üblich ausgeblendet, die Absegnung erfolgte im Voraus.

Im Gegensatz zu den konservativen Sichtweisen steht die europäische Sozialdemokratie dem TTIP sehr kritisch gegenüber. Statt rigoroser Ablehnung stehen bei den Sozialdemokraten wichtige und unverzichtbare Bedingungen zur Verhandlung.
Nur mit sozialdemokratischer Mehrheit stellt Europa die Bedingungen zu TTIP sicher, die, sollte es zu dem globalen Vertragswerk kommen, letztlich in gleicher Weise den EU-Bürger als auch der EU-Wirtschaft dienen sollen. Europa besitzt die Stärke, mit den USA zumindest auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln.

Norbert Neuser, Abgeordneter des Bundeslandes Rheinland-Pfalz im Europaparlament und erneut Kandidat für die bevorstehende Wahl, sandte uns auf Anfrage die folgende sozialdemokratische Stellungnahme zum TTIP:

Norbert Neuser _Martin Schulz

Norbert Neuser, hier zusammen mit Martin Schulz. Beide verdienen unser Vertrauen durch ihre eindeutige sozialdemokratische Überzeugung. Auch beim TTIP belegen sie äußerst kritische Standpunkte.

“Wir Sozialdemokraten sind nicht grundsätzlich gegen TTIP, denn wir erwarten dadurch zusätzliche Arbeitsplätze. Wir lassen aber nicht zu, dass  wirtschaftliche, soziale oder verbraucherschutzrechtliche Standards, die wir  hart erkämpft haben, abgebaut werden.
Im Zusammenhang mit TTIP ist kürzlich der Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (ISDS) ins Kreuzfeuer geraten. Leider war die Berichterstattung der Presse zu diesem Thema auch bei renommierten Zeitungen nicht immer korrekt. Richtig ist: ISDS kann sinnvoll sein – aber für TTIP lehnen wir es ab. Wir wollen verhindern, dass etwa Regelungen, die die Arbeitnehmer schützen sollen, durch die Hintertür ausgehebelt werden können.
Andererseits bietet TTIP, wenn es richtig verhandelt wird, auch großartige Chancen. Wir wollen, dass Europäische Standards in TTIP festgeschrieben werden. Werden Arbeitnehmer durch Europa auch in den USA besser geschützt, fällt der Druck des globalen Wettbewerbs an dieser Stelle weg.

TTIP ist außerdem eine geeignete Plattform, um verbindliche Regeln zur Regulierung der Finanzmärkte zu schaffen. Wirtschaftswachstum hat so die Chance, wirklich nachhaltig zu sein.

Ein TTIP, das eine starke sozialdemokratische Handschrift trägt, muss ein sozial verträgliches und wirtschaftlich nachhaltiges TTIP sein.

Europa tritt in den Hintergrund, wenn es um Lokales geht. Ob in Konz eine Schule gebaut wird ist eine Angelegenheit, die nicht in Brüssel entschieden wird. Zu helfen, dass Schüler oder junge Erwachsenen einen Teil ihrer Ausbildung im europäischen Ausland absolvieren oder zu regeln, dass die Ausbildung eines Rheinland-Pfälzers auch in Frankreich oder Luxemburg anerkannt wird, aber schon.

Europa kommt immer dann ins Spiel, wenn Menschen oder die von ihnen produzierten Güter die Grenzen überschreiten, oder wenn Maßnahmen Auswirkungen auf mehrere europäische Staaten haben, oder, wenn wie im Fall von TTIP, Europa mit einem anderen Kontinent verhandelt. Sozialdemokraten in Europa stehen für sichere Arbeitsplätze, für Arbeitnehmerschutz, für nachhaltiges Wirtschaftswachstum, für sichere Lebensmittel und ein transparentes Finanzsystem.”

Norbert Neuser zum Anderen:
Europa steht für Frieden

Aber Europa steht noch für mehr und das wird in diesen Tagen wieder besonders deutlich: für Frieden.
Was für die Jüngeren selbstverständlich ist – genauso wie freie Fahrt über die Grenzen und die Möglichkeit, in fast allen Ländern mit dem Euro zu bezahlen, hat die Nachkriegsgeneration noch anders in Erinnerung. Der Zusammenschluss der Länder als Europäische Gemeinschaft und die wirtschaftliche Verflechtung sorgten nicht nur für Wirtschaftswachstum. Wer Handel miteinander treibt, sich politisch auseinandersetzt und einen gemeinsamen Rechtsrahmen einrichtet, wird nicht Krieg gegeneinander führen. Aus nationalistischen Einzelkämpfern werden Partner, die, auch wenn sie möglichst eigene Interessen durchboxen, sich trotzdem am Ende zusammenraufen – weil auch das im eigenen Interesse ist.

Der kalte Krieg schien überwunden und steht doch mit der Krim-Krise direkt vor unserer Haustür. Frieden ist eben kein glücklicher Zufall, sondern das Ergebnis mühsamer Europäischer Integration und Zusammenarbeit. Deshalb beunruhigt, dass Europas Extremisten an Stärke gewinnen, sich neu formiert haben und eine Bedrohung für das friedliche Zusammenleben der Völker darstellen.

Die fremdenfeindliche Partei Geert Wilders in den Niederlanden, die Front National in Frankreich oder die deutsche AfD “Europa nein danke” als Patentlösung aller Probleme ist ein gefährlicher Kurs. Das gilt für Wirtschaftsstabilität und Wachstum ebenso wie für Sozialstandards und für den Frieden. Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichtes macht die Sache nicht besser.

Da hilft nur eins: Realistisch bleiben, dem Rechtspopulismus die Absage erteilen und wählen gehen, am besten die SPD.

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