“Sonderklagerechte für internationale Konzerne müssen vom Tisch”
21.01.2014
Das Europabüro von Norbert Neuser hat uns folgende Informationen von Bernd Lange, Sprecher der SPD-Gruppe im EU-Parlament, übermittelt:
Feuer unterm Dach der EU-Kommission!
Die EU-Kommission will eine Verhandlungspause für Teile des geplanten Handels- und Investitionsabkommens mit den USA einlegen. Das hat EU-Handelskommissar Karel De Gucht am Dienstag in Brüssel bekanntgegeben. Demnach sollen weitere Gespräche über sogenannte Investitionsschutz-Klauseln vorerst ausgesetzt werden.
“Ein Sonderklagerecht für Investoren in Staaten mit zuverlässigen und entwickelten Rechtssystemen lehnen wir Sozialdemokraten grundsätzlich ab”, stellt Bernd LANGE deshalb klar. Stattdessen fordert er die EU-Kommission auf, dem Beispiel Australiens zu folgen. Die australische Regierung erteilte in einem bilateralen Handelsabkommen mit den USA dem Verlangen nach einem solchen Mechanismus eine Absage.
“Die EU-Kommission scheint endlich den öffentlichen Unmut gegen die geplanten Sonderklagerechte für private Investoren ernst zu nehmen,” so Lange weiter.
Am Beispiel Vattenfall verdeutlichte er die Folgen eines Sonderklagerechtes für Investoren. Vattenfall hat Deutschland wegen des beschlossenen Atomausstiegs auf 3,7 Milliarden Euro Schadenersatz verklagt.
Die Verhinderung eines Sonderklagerechtes stellt im Gesamten nur einen Bruchteil dessen dar, was an Ablehnungsgründen zum TTIP besteht.
Was der Vertrag für uns bedeuten würde ist in einem Appell zusammengefasst, den Sie auf der Homepage von Campact unterzeichnen können und sollten.
Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU birgt viele Gefahren:
- US-Produkte müssten nicht mehr europäische Verbraucherschutz- und Tierschutzstandards einhalten, um in der EU verkauft zu werden. Damit EU-Unternehmen dann nicht benachteiligt sind, müssten die Standards hierzulande gesenkt werden.
- Der durch das Abkommen ausgelöste Preiskampf bei Lebensmitteln würde auf beiden Seiten des Atlantiks naturschonend wirtschaftende Bauernhöfe massenweise zur Aufgabe zwingen.
- Die durch die EU-Chemikalienverordnung REACH vorgeschriebene Gefahrenprüfung vor der Markteinführung von Substanzen wird umgehbar: Ein Konzern müsste nur ein Produkt in den USA anbieten – und schon könnte er es auch in Europa verkaufen.
- TTIP wird die Einfuhr gentechnisch veränderter Lebensmittel, von Hormonfleisch und Chlorhühnern erleichtern – und die Kennzeichnungspflicht aufweichen.
- Wenn öffentliche Dienstleistungen als Märkte interpretiert werden, wie es die Pläne bisher vorsehen, wird eine Welle an Privatisierungen folgen.
- Im Bereich des so genannten „geistigen Eigentums“ drohen Verschärfungen: weniger Rechte für Internetnutzer und ein lascher Datenschutz.
- Investoren sollen die Möglichkeit bekommen, Staaten vor Schiedsgerichten zu verklagen, wenn sie ihre Gewinnaussichten durch demokratische Beschlüsse verletzt sehen. Auf eine solche Investitionsschutzklausel in einem anderen Abkommen beruft sich heute schon Vattenfall – und verklagt derzeit Deutschland auf 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz für den Atomausstieg.
Schon lange wächst der Widerstand gegen die Pläne der EU-Kommission, im Rahmen des transatlantischen Abkommens einen Investorenschutz zu vereinbaren, der es privaten Investoren ermöglichen würde, gegen demokratisch erlassene Gesetzgebung wie etwa im Gesundheits- und Umweltschutzbereich vorzugehen. „Wir wollen nicht, dass Großkonzerne vor internationalen Schiedsgerichten und damit außerhalb staatlicher Rechtssysteme unbegrenzt Schadensersatzansprüche geltend machen können. Dadurch würden europäische Gesetzgeber wichtigen Handlungsspielraum verlieren”, warnt Bernd Lange.
Berichten zufolge plant die EU-Kommission, zunächst eine öffentliche Konsultation innerhalb der EU zu führen, um eine gemeinsame europäische Position zu erarbeiten. Bernd Lange fordert hingegen die EU-Kommission auf, komplett auf einen Investor-Staat-Investorenschutz zu verzichten: “Die EU-Kommission muss jetzt konsequent sein und nicht nur eine Verhandlungspause einlegen, sondern diese Pläne vollständig aus ihrer Verhandlungsagenda streichen!”