Heiner Flasbeck – Ein Wirtschaftswissenschaftler im Interview mit dem Deutschlandfunk (DLF)

Die Coronakrise braucht die ehrliche Analyse und keine wohlfeile Stimmungsmache der politischen Akteure

Für meine nach “Kategorien” geordneten Blogbeiträge kreierte ich den Begriff “Katastrophen”; wie anders sollte man das weltweite Geschehen um die Ausbreitung des hochgefährlichen bis tödlichen Corona-Virus benennen? Eine in unserm Lebenszeitalter nie dagewesene Pandemie rast um unseren Erdball. Mittlerweile ducken sich alle ab, die davon wissen – hoffentlich!

Anlass für diesen heutigen Blogbeitrag ist ein Interview des Deutschlandradio/Deutschlandfunk von heute mit Heiner Flassbeck zum Thema: Maßnahmen zur Corona-Krise. 
Das 8 1/2 Minuten dauernde Gespräch mit DLF-Redakteur Philip May ist eine Offenbarung gegenüber den täglichen Eigenloborgien der aktuellen Politik.

Heiner Flassbeck – hier während einer Klausur der Bundestagsfraktion DIE LINKE am 26./27. August 2011 in Rostock. Bildlizenz: CC BY 2.0

Auffällig, wie sich Finanzminister und Wirtschaftsminister in vorauseilendem Selbstlob übertreffen. Man hat ja in all den letzten Jahren erfolgreiche Finanz- und Wirtschaftspolitik betrieben, so dass man jetzt scheinbar aus dem Vollen schöpfen kann. Sogar für die Kleinen im Land soll was abspringen.
All das entspricht jedoch nicht dem ökonomischen Gedankengut von Heiner Flassbeck.

Zurück in die Zeit, als Oskar Lafontaine Bundesfinanzminister im Kabinett Schröder war. Oskar wusste, welche Kapazität er als Staatssekretär in sein Ministerium bestellte.

Heiner Flassbeck (* 12. Dezember 1950 in Birkenfeld) deutscher Wirtschaftswissenschaftler der ersten Reihe. Von 1998 bis 1999 Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen mit Oskar Lafontaine an der Spitze, beabsichtigte er, die finanzpolitischen Zukunftsperspektiven Deutschlands neu, d.h. abweichend von der Ära Kohl zu gestalten. Großkapital und Großwirtschaft gefiel das nicht und Kanzler Schröder besorgte den Abgang des Finanzministers und seines Staatssekretärs.  Nicht aus Verlegenheit, sondern wegen seines weltweiten Ansehens wurde er vom Januar 2003 bis Ende 2012 Chef-Volkswirt (Chief of Macroeconomics and Development) bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf.
So eröffnet Wikipedia die Vita eines der profiliertesten deutschen Ökonomen und Volkswirtschaftlers.

Eine der prägnantesten Leitlinien Flassbecks sind seine volkswirtschaftlichen Sichtweisen zu Sparen und Investieren, wie sie in der Wikipedia-Enzyklopädie nachzulesen sind.

[…]. Die allgemeine Auffassung, dass eine Volkswirtschaft netto sparen könne, also insgesamt Geld über einen bestimmten Zeitraum sparen könne, um mit dem angesparten Geld erst in einer zukünftigen Periode Investitionen zu finanzieren, sei falsch. Sparen bei dem einen Wirtschaftssubjekt führe gegenwärtig notwendig zu einem Einkommensausfall bei einem anderen Wirtschaftssubjekt. In der Gegenwart bleibe irgendjemand in der Volkswirtschaft auf seinem Angebot sitzen. Ausgaben, die nicht getätigt würden, fielen in gleicher Höhe weg. Da die Summe der Einnahmen und damit die Einkommen aller Wirtschaftssubjekte gleich der Summe der Ausgaben und damit der Nachfrage aller Wirtschaftssubjekte seien, sänken in der Folge die Einkommen. Das innerhalb einer Periode erwirtschaftete Einkommen müsse immer verwendet werden. In Analogie zur Zeitersparnis, die man nicht sparen kann, könne es Sparen im Sinne von Nichtverwendung in einer Volkswirtschaft nicht geben. Heutige Investitionen seien die Voraussetzung für die Bildung von Ersparnissen, nicht umgekehrt. Beide Größen seien lediglich in einer ex-post-Betrachtung gleich.

Aus dem Unwissen bei Bürgern und Wirtschaftspolitikern über den Unterschied zwischen gesamt- und einzelwirtschaftlicher Betrachtungsweise heraus lassen sich laut Flassbeck viele Fehler der heutigen Wirtschaftspolitik analysieren. So werde die Staatsverschuldung fälschlicherweise als eine Verschuldung gegenüber zukünftigen Generationen angesehen. Stattdessen werde der Wohlstand eines Landes allein von seinem zukünftigen Kapitalstock bestimmt, also vor allem von den vorhandenen Maschinen und Anlagen sowie dem Qualifizierungsstand seiner Bevölkerung und dem Sozialkapital (welches die Stabilität der gesellschaftlichen Grundordnung einschließt). Problematisch sei auf gesamtstaatlicher Ebene eine Verschuldung nur, wenn sie netto gegenüber dem Ausland bestehe.

Zum Abschluss und für alle, die sich die Zeit nehmen wollen:

COVID-19-Pandemie

 

Dieser Beitrag wurde unter Deutschland, Europa, Katastrophen, Welt veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.