Iwan – – – – – – Gorbatschow – Jelzin – Putin

Wer Russland verstehen will, braucht mehr als das alt hergebrachte westliche Feindbild

Wer die Blogbeiträge verfolgt, wird feststellen können, dass meine Standpunkte zu diesem großen Nachbarn im Osten Europas grundsätzlich positiv belegt sind. Aber auch für diejenigen, die ein anderes Russlandbild einschließlich seiner „Potentaten“ pflegen, gilt das Gebot des freien Denkens.

Vermutet wird, dass der russische Zar Iwan IV, als Iwan der Schreckliche überliefert ist.
Bild: Wikipedia, (CC BY-SA 3.0) Author
Shakko

Ich habe in sehr jungen Jahren von einer Tante, die im 2. Weltkrieg als sogenannte Freiwillige in der Krankenpflege des Deutschen Roten Kreuzes tätig war, kurz nach dem Kriege von ihr des öfteren die Worte vernommen O, der Iwan, das ist ein Böser, ohne damals, Ende der vierziger/Anfang der fünfziger Jahre, etwas damit anfangen zu können. Der Name Stalin war mir ein Begriff; Iwan eher nicht. Was die längst verstorbene Tante damit meinte, war den Erzählungen geschuldet, die der Nachkriegsgeneration als schlimmstes Feindbild vorgezeichnet worden ist.

Woher nun der Begriff „böser Iwan“ stammt, kann nur gemutmaßt werden. So hat z.B. der russische Oligarch Wladimir Jewtuschenkow, anlässlich eines SPIEGEL-Interviews am 20.11.2011 den Satz ausgesprochen: „Ich bin nicht der böse Iwan“ . Spiegelreporter hatten Jewtuschenkow böse Absichten unterstellt, als er seine Einstiegspläne bei der Deutschen Telekom und die globalen Strategien russischer Unternehmen erläuterte. „Ich bin nicht der böse Iwan“ war seine Entgegnung auf die Anzüglichkeit der Reporter, die provokativ bemerkten: „Offenkundig wollen Sie bei der Telekom einsteigen. Ihr Konzern Sistema hat zu den Gerüchten bislang geschwiegen. Was haben Sie wirklich vor?“
Soviel hier an dieser Stelle zum bösen Iwan!

Gorbatschow – Jelzin – Putin

Michail Gorbatschow – Anfang 1986, Beginn der Prozesse Glasnost und Perestroika zum Umbau des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Systems der Sowjetunion. Foto: Wikipedia, Quelle: RIA Novosti archive, CC BY-SA 3.0

Michail Sergejewitsch Gorbatschow, war von März 1985 bis August 1991 Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und von März 1990 bis Dezember 1991 Staatspräsident der Sowjetunion. Will man seiner Person im geschichtlichen Kontext gerecht werden, müssen dem Friedensnobelpreisträger von 1990 das Ende des Kalten Krieges, die Wiedervereinigung Deutschlands sowie umfangreiche Abrüstungsverhandlungen mit den USA zugeordnet werden. Die friedenspolitischen Akzente seiner Politik in der früheren Sowjetunion setzte er mit Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umbau) um.

Die allgemein bekannten und populären Attribute Gorbatschows werden diesem hochgeehrten Politiker allein nicht gerecht. Er hat die Welt für kurze Zeit verändert, was wiederum gewissen Kreisen in dieser Welt nicht ins globale Machtkalkül passte. Die harmonische Gesamtwirkung seiner politischen Vorstellungen liefen den Interessen sowohl im eigenen Land und, wie es die derzeitige politische Weltlage beweist, seinen Ideen davon.

Von den ungezählten Büchern, die über, wegen und von Gorbatschow geschrieben wurden, ragt ein Werk heraus, dem wohl die größte Authenzität, also die Echtheit an Übereinstimmung zwischen Tatsachen und deren Darstellungsweise, nur dem Autor Gorbatschow zugeordnet werden kann.

Das neue Russland

Der Umbruch und das System Putin

Buchautor

Michail Gorbatschow

Michail Gorbatschow, geboren 1931, war von 1985 bis 1991 Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Als Staatsoberhaupt leitete er die radikale Wende in der Außen- und Innenpolitik seines Landes ein, die zu einem völligen Wandel des Ostblocks führte und 1990 die deutsche Wiedervereinigung ermöglichte. 1990 erhielt er den Friedensnobelpreis, 1991 trat er von seinen politischen Ämtern zurück. 1992 gründete er das „Green Cross International“, eine Organisation, die sich heute in über 30 Ländern für Frieden, Umwelt und Gerechtigkeit einsetzt. Gorbatschow ist Träger des Umweltpreises 2003 der Stiftung Euronatur, der am 17. Juli in Ludwigsburg verliehen wird.

Klappentext und Rezensionen vervollständigen den ersten Eindruck dieses politischen Buches, das nicht in Form eines zusammenhängenden Romans zu verstehen ist, sondern ein Nachschlagewerk für politisch interessierte Leserinnen und Leser ist.

  • Klappentext
    Aus dem Russischen von Boris Reitschuster. Nach Jahren der Annäherung ist das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland so angespannt wie seit mehr als 25 Jahren nicht mehr. Was Putin antreibt, warum er die Konfrontation sucht und den Rückfall in den Kalten Krieg in Kauf nimmt, ist vielen ein Rätsel. Nicht Michail Gorbatschow. Mit einzigartiger Kennerschaft beschreibt er die Entstehung des ‚Systems Putin‘ und rechnet kritisch mit ihm ab. Putin zerstöre um seiner eigenen Macht willen die Errungenschaften der Perestroika in Russland und errichte ein System ohne Zukunft. Deshalb fordert Gorbatschow ein neues politisches System für Russland, und er mahnt den Westen, nicht mit dem Feuer zu spielen.
  • Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2015
    Der hier rezensierende Historiker Jörg Baberowski schaut etwas mitleidig auf dieses Rechtfertigungswerk des großen Reformers Michail Gorbatschow. 500 Seiten Larmoyanz, gekränkte Ehre und Putinversteherei, das ist dem Rezensenten etwas zu viel. Auch wenn er die Kränkung erkennt, die Gorbatschow seit 1994 erfahren haben muss. Zu sehr spricht aus den laut Baberowski zu allem Überfluss nicht eben elegant gewählten Worten und Sätzen der blinde Parteifunktionär, dem die Bürger Kinder sind und die Demokratie ein notwendiges Übel. Am besten gefällt Baberowski der Autor, wenn er menschlich wird und seiner Raissa nachtrauert oder Chruschtschow einen mutigen Mann nennt.
  • Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.11.2015
    Mit einer langen Besprechung würdigt der Historiker Gerd Koenen Michail Gorbatschows Buch „Das neue Russland“, das ihn jedoch traurig zurücklässt. Zunächst erscheint dem Kritiker das Buch als Versuch Gorbatschows, in Russland im politischen Spiel zu bleiben. Koenen liest etwa Gorbatschows Abrechnung mit Boris Jelzin, dessen Verfassungsputsch er als Hauptgrund für den epochalen Niedergang und die Massenverelendung der neunziger Jahre benennt. Fast „hilflos“ wirkt der ehemalige Staatspräsident auf den Rezensenten, wenn er immer wieder seine Politik der Glasnost und Perestroika als Allheilmittel anführt. Vor allem aber wird der Kritiker stutzig, wenn Gorbatschow zwar scharf die Wirtschafts-, Sozial- und Bildungspolitik der wechselnden Regierungen Putins verurteilt, Putin selbst von seiner klaren Kritik und seinen Forderungen stets ausnimmt. Offenbar scheint sich Gorbatschow, der sich selbst in seiner Amtszeit als „gefesselter Prometheus“ sah, mit Putin zu identifizieren, glaubt der Rezensent, der bei dem Autor dennoch Zukunftsangst spürt. Dank der spannenden Gespräche mit dem „Nowaja Gaseta“-Chefredakteur Dmitri Muratow hat sich die Lektüre für Koenen aber in jedem Fall gelohnt.

Zu den Rezensionsnotizen darf kritisch hinterfragt werden, woher sie kommen. Deshalb gilt wiederum der Grundsatz von Albrecht Müllers NachDenkSeiten:

FÜR ALLE, DIE SICH NOCH EIGENE GEDANKEN MACHEN.

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Eine Antwort zu Iwan – – – – – – Gorbatschow – Jelzin – Putin

  1. Peter Kühn sagt:

    Putin ist kein Engel, ich denke darüber gibt es keinen Zweifel. Ja, er wird verteufelt, aber in mancher Hinsicht aber auch zu Recht. Man darf nicht vergessen, daß Herr Putin eine fundierte Ausbildung beim KGB genossen hat. Er löst Probleme auf seine Weise. Wer nicht seiner Ansicht ist, ist gegen ihn. Wer gegen ihn ist, wird auf die Seite geräumt. Wenn es dabei Leben kostet, ist ihm.das keine schlaflose Nacht wert. Von daher und weil er sehr undemokratisch regiert und agiert, bin ich der Meinung er sollte mit unseren rechtsstaatlichen Mitteln im Zaum gehalten werden. Leute wie unser Altkanzler Schröder, sehe ich noch viel Kritischer. Diese Art von Menschen haben selbst nicht die Eier, wie Putin zu agieren, nehmen ihn aber als Problemlöser gerne.

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