Die Satzschöpfung “Kein Anlass zu Lob oder Tadel” begleitet durchs Leben
Statt Götterdämmerung darfs eine Kanzlerdämmerung sein. Es möge eine schönere und bessere Welt aus der Kanzlerschaft von Olaf Scholz hervorgehen.
1954 war’s, als mich die Kurzform einer Leistungsbeschreibung traf, mit der ich damals als Vierzehnjähriger recht wenig anzufangen wusste. Mit zwölf weiteren “Lehrlingen” hatten wir gerade das 1. Lehrjahr beim damaligen Telegrafenbauamt Saarbrücken begonnen und warteten gespannt auf die ersten Noten im Wochenbericht. Die allgemein recht sparsame Leistungsbenotung in der feinmechanischen Metallbearbeitung lag bei mir im Mittelfeld mit eben dem Prädikat “Kein Anlass zu Lob oder Tadel”.
Wer mich kennt, weiß auch um meine Antwort auf die Frage Wie gehts? Kein Anlass zu Lob oder Tadel!
Diese erste Benotung würde ich, wenn ich dazu auserwählt wäre, auch dem frisch gekürten neunten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, dem vierten sozialdemokratischen seit Kriegsende, Olaf Scholz, verleihen, denn sie ist weder gut noch schlecht. Wenn sie nach dem ersten Halbjahr, analog zu der 100-Tage-Frist bei Regierungschefs, so gut ausfällt wie die Bewertung nach Abschluss meiner Metallbearbeitung, dann ist ein “gut” für einen Kanzler eine Auszeichnung.
Auch ich als Blogger und Freund Russlands habe Wünsche frei. Ich schließe mich Anton an und nenne drei an der Zahl: Frieden, Freundschaft und Zusammenarbeit. Politik im Geiste Willy Brandts wäre die Vision für viele sozialdemokratische Regierungsjahre. Man darf ja noch träumen!
Nach dem beeindruckenden Sieg der SPD bei der BTW finde ich auch den Aufschlag der SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten und seit heute Bundeskanzler, absolut gelungen. Die Ampelverhandlungen waren professionell, vertraulich, zügig und ihr Personalkarussell war ebenfalls angemessen wie überraschend. Auch wenn ich damals Olaf Scholz nicht als Parteivorsitzenden gewählt habe, muss ich doch jetzt meinen Hut vor diesem professionellen Vorgehen ziehen. Es tut der sozialdemokratischen Seele auch gut, dass wir von den Menschen, von den Wähler:innen für diese Regierungsbildung positiv beachtet und gelobt werden. Wir übernehmen die Regierung in einer fragilen politischen Zeit. Es gilt die Pandemie einzudämmen und gegen die teilweise rechten Antidemokraten und Verschwörungserzähler hart durchzugreifen. Die Toleranz muss ein Ende haben. Außenpolitisch sind jede Menge Baustellen und teilweise auch Sprengstoff, der entschärft werden muss.
Aber der Anfang ist gemacht – ich werde es kritisch begleiten.