Der Europäischer Gerichtshof (EuGH) in Luxembourg sorgt für politisches Erdbeben und zeigt dem Rat der EU die Grenzen der Sanktionierung auf
Fast unbemerkt und auf ganz kleiner Flamme gekocht, haben die westlichen Leitmedien eine sensationelle Nachricht scheinbar „verpasst“; wie könnte es sonst sein, dass die Sanktionitis des Guten Westens gegen den Bösen Osten fast unbemerkt bleibt. Die Veröffentlichung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 16. Dezember 2020 ist wie ein politisches Erdbeben über sie hereingebrochen, wie sollte man ohne Gesichtsverlust darüber berichten, da man ja stets die gerechte Seite der Guten beschrieben hat. Die Bekanntgabe zum Jahreswechsel sollte vielleicht auch zu viel schwarzen Rauch verhindern.
In den deutschen Medien ist mir zum Thema „Urteil des Europäischen Gerichtshofes“ allein ein Bericht in Jakob Augsteins „derFreitag“ offenbar geworden. Ulrich Heyden, deutscher Journalist und Buchautor, ist freier Korrespondent für mehrere deutschsprachige Medien in Moskau. In einem Blogbeitrag der Freitag-Community hat er die „gute Nachricht zum Jahresende“ verfasst. „Sieg über politische Willkür“ ist der Tenor des Urteils des EuGH in Luxembourg.
Umfangreicher und hintergründiger berichtete der aktuelle Newsletter von RT DEUTSCH (Russia Today DEUTSCH), der dieser Nachricht verständlicherweise den entsprechen Rahmen verlieh. Die Genugtuung muss man verstehen, ist doch der von vielen verpönte russische und in Berlin ansässige, teilweise von Russland finanzierte Nachrichtenkanal der Gegenpol zur US-beinflussten westlichen Propaganda.
Im Rubrum des RT Deutsch Berichtes wird das Gewicht des Urteils kurz umschrieben:
„Der Europäische Gerichtshof hat beschlossen, dass die EU-Sanktionen gegen den ukrainischen Ex-Premier Nikolai Asarow rechtswidrig waren. Mit diesem Urteil wollen dessen Anwälte ein Ende der politischen Willkür in der EU setzen. Es könnte auch das Ende der Maidan-Justiz einläuten.“
Grundlage für die Sanktionen war, wie sich nun herausstellte, nur ein einziges Schreiben der postmaidanen Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine mit einer Liste der zu sanktionierenden Personen aus Kiew. Über fünf Milliarden US-Dollar waren das weitere Schmiermittel der USA, die im Verein mit EU, Nato und besonders auch Deutschland, das in besonderer Treue für die „Demokratisierung“ und den Umsturz in der Ukraine vorlegte.
Gegen den Ex-Premier Asarow gab es in der Ukraine kein einziges Strafverfahren, die Sanktionen gegen seine Person begründet hätten. Spätere Versuche, strafrechtliche Gründe für die Sanktionen zu finden, scheiterten.
Der EU-Rat ist die höchste Ebene der politischen Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern. Mit seiner Entscheidung handelte er also auf Ersuchen eines Drittstaates, der sich zudem im Zustand einer revolutionären Umwälzung nach einem gewaltsamen Staatsstreich befand.
Wer sich für die Begründungen des EuGH in allen Einzelheiten informieren will, kann sowohl umfänglich als auch überschläglich hier das Urteil des EuGH lesen.
Die Zeit wird es mit sich bringen, dass die heute noch als Allzweckwaffe gegen Putin und Russland gerichtete westliche Außenpolitik der Wahrheit Tribut zollen muss. Deutschland hätte allen Grund, sich in Zurückhaltung zu üben.
Im Folgenden sind einige wörtliche Passagen aus dem Bericht des RT DE Newsletter übernommen; sie dienen der Verdeutlichung dieses Blogartikels.
„In seinem Urteil greift der EuGH auch die ukrainische postmaidane Justiz scharf an. Sämtliche Maßnahmen der Generalstaatsanwaltschaft seien ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Während der Ermittlungen gegen Asarow seien grobe Verstöße begangen worden. Außerdem sei nicht klar, auf welche Verfahren sich der Rat gestützt habe.
„Die Sanktionen erfolgten deswegen, weil das Poroschenko-Regime behauptet hat, es gebe Verbrechen vonseiten Asarows. So war das nicht. (…) Die EU hat die Regierung Poroschenko unter Prämisse unterstützt, dass in der Ukraine ein Rechtsstaat errichtet wird“, so Lansky.
In seinem Live-Auftritt geht der Wiener Anwalt nicht nur mit der ukrainischen „postrevolutionären“ Justiz hart ins Gericht. Auch die EU kritisiert er scharf. Die Sanktionen seien Ausdruck von politischer Willkür. Die EU-Sanktionen machten den gesamten Raum der Europäischen Union vogelfrei und rechtslos.
„Der Rat der EU ist kein Wirtshausbetrieb, in dem ein Drittstaat Sanktionen bestellen kann. Der Beschluss ist Sieg über politische Willkür. Die EU muss sicherstellen, dass ihre eigenen Werte eingehalten werden. Das ist die menschenrechtliche Bedeutung des Verfahrens“, sagte Lansky.
Da nun das Urteil Teil des EU-Rechts sei, habe der Beschluss bahnbrechende, historische Bedeutung. Der Anwalt des Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch, Witalij Serdjuk, sieht darin einen Präzedenz-Fall für die künftige Rehabilitierung politisch Verfolgter in der Ukraine. „Das Urteil macht klar, dass diejenigen, die im Jahre 2014 rechtswidrig an die Macht gekommen sind, ihre Opponenten politisch verfolgten“, sagte er im ukrainischen Fernsehen.
Auch der Kläger Nikolai Asarow trat bei der Video-Schaltung auf. Er merkte an, dass die Anwälte ihn anfangs mit Unvertrauen begegneten: „Die Propaganda hat ihre Sache getan. Es bedürfte Berge von Dokumenten, um meine Unschuld zu beweisen.“
„Das Gericht hat im Wesentlichen anerkannt, dass in der Ukraine kein rechtsstaatliches System vorliegt“, sagte Asarow.
Der Blick zurück ist gleichzeitig die Erinnerung an vergangenes Unrecht, ganz gleich wer es begangen hat. „Großes Spiel gegen Putin“: Wie Merkel, CDU und EVP den Regime-Change in der Ukraine vorbereiteten